Populismus, Liberalismus und Nationalismus

Autor:innen

  • Volker Kaul Rom

Schlagworte:

Populismus, Liberalismus, Nationalismus, Kommunitarismus, Autonomie, Identität, Sinn

Key words:

populism, liberalism, nationalism, communitarianism, autonomy, identity, meaning

Abstract

Der Populismus stellt die Nation über alles und verteidigt den Nationalismus auf der Grundlage einer moralischen Pflicht, die sich aus der nationalen Zugehörigkeit ableitet. Das moralische Gerüst des Populismus ist dabei dem des Kommunitarismus ähnlich, auch wenn Letzterer die Fremdenfeindlichkeit, den Chauvinismus und die Aggressivität der Populisten anprangert. Mittlerweile gehen auch viele Liberale davon aus, dass die derzeitige politische Krise nur mit der Vernachlässigung der Idee der Nation in den letzten Jahrzehnten zu erklären sei. Deswegen sprechen sie sich zugunsten des Nationalismus aus. Sie betonen jedoch, dass der liberale Nationalismus nicht mit dem populistischen Nationalismus zu verwechseln sei. Dort, wo der Populismus sich in Opposition zum Liberalismus gebildet habe, gründe sich liberaler Nationalismus hingegen auf individuelle Freiheit. Dieser Aufsatz setzt sich mit der Frage auseinander, ob der Nationalismus sich aus liberaler Sicht rechtfertigen lässt. Er vertritt die These, dass der Liberalismus mit dem Nationalismus unvereinbar ist. Der Nationalismus kann weder positive noch negative Freiheit rechtfertigen. Erstens ist jede Form des Nationalismus von einem moralischen Standpunkt aus gesehen relativistisch, in dem Sinne, dass sich nicht sagen lässt, ob die Nation moralische Werte verwirkliche oder nicht. Zweitens kann nur persönliche Identität und nicht individuelle Freiheit den Ursprung des Nationalismus bilden. Die daraus resultierende Pflicht zur nationalen Solidarität steht allerdings im Gegensatz zu grundlegenden Freiheitsrechten. Der Aufsatz schließt mit dem Vorschlag, dass der Nationalismus regiert und gestaltet werden muss, um dem Populismus zu begegnen.

English version

Populism puts the nation first and defends nationalism on the basis of a moral obligation that has its origin in national identity. The moral framework of populism is similar to that of communitarianism, even though the latter denounces the xenophobia, chauvinism and aggressiveness of the populists. Meanwhile, also many liberals believe that the current political crisis can only be explained by the neglect of the idea of the nation in recent decades. Therefore they are in favor of nationalism. They emphasize, however, that liberal nationalism should not be confused with populist nationalism. Where populism has formed in opposition to liberalism, liberal nationalism is based on individual freedom. This essay deals with the question of whether nationalism can be justified from a liberal point of view. It argues that liberalism is incompatible with nationalism. Nationalism cannot justify either positive or negative freedom. First, every form of nationalism is morally relativistic, in the sense that it cannot be said whether the nation realizes moral values or not. Second, only personal identity and not individual freedom can be the source of nationalism. The resulting obligation of national solidarity, however, is in contrast to fundamental freedoms. The essay concludes with the suggestion that nationalism must be governed and shaped in order to counter populism.

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Zitationsvorschlag

Kaul, V. (2019). Populismus, Liberalismus und Nationalismus. Zeitschrift für Praktische Philosophie, 6(2), 241–260. https://doi.org/10.22613/zfpp/6.2.9

Ausgabe

Rubrik

Schwerpunkt: Demokratie in der Krise – rechts- und sozialphilosophische Aspekte