Der Gebrauch von Emotionen als Regierungshandeln?

Eifersucht in konsensuell nicht-monogamen Beziehungskonstellationen als widerständige Selbsttechnologien

Autor:innen

  • Verena Kettner Universität Wien

Schlagworte:

Eifersucht, Familie, Biopolitik, Affekt/Emotion, konsensuelle Nicht-Monogamie

Key words:

jealousy, family politics, biopolitics, affect/emotion, consensual non-monogamy

Abstract

In diesem Artikel wird anhand von zwei Fallbeispielen von Eifersucht in konsensuell nicht-monogamen Beziehungsgefügen dargelegt, inwiefern Emotionen neoliberal-patriarchalen (Selbst-)Regierungstechnologien inhärent sind. Emotionen werden dabei aus einer postkolonialen, queerfeministischen Affektperspektive betrachtet, da sie hierbei sowohl als den gesellschaftlichen Verhältnissen, in denen sie entstehen, inhärent, als auch diese Verhältnisse (re-)produzierend gedacht werden. Emotionen dienen in dieser Sichtweise und in diesem Artikel als Erkenntnismoment und als Analysetool, die ambivalent wirken, da sie sowohl den Status Quo affirmieren als diesen auch unterminieren können. Mithilfe dieser Emotionsperspektive werden zwei Fallbeispiele analysiert, in denen Eifersucht in konsensuell nicht-monogamen Beziehungskonstellationen auftritt. Der Fokus dabei liegt einerseits auf dem individuellen Umgang der beteiligten Personen mit Eifersucht und andererseits auf den normativen, vor allem diskursiven, Rahmenbedingungen, die das Entstehen des Gefühls innerhalb dieser Lebenszusammenhänge mitbedingen. Die Daten zu den Fallbeispielen stammen aus narrativen Interviews, die innerhalb meines Dissertationsprojekts „Beyond the Nuclear Family“ (i. E., Universität Wien, 2022) mithilfe der Grounded Theory Methodologie nach Kathy Charmaz (2006: 10) ausgewertet wurden. Ziel des Artikels ist es aufzuzeigen, inwiefern Eifersucht nicht nur als eine ‚negative‘, unangenehme Emotion betrachtet werden kann, sondern auch als ein Wahrnehmungsmodus, der etwas über die sozialen Machtverhältnisse, in welche die Emotion eingebettet ist, aussagen kann. Konsensuell nicht-monogam lebenden Beziehungs- und Familienkonstellationen soll es damit vereinfacht werden, sich normativen Zuschreibungen und Diskursen rund um ihre Gefühlswelt und Lebensweise entgegenzusetzen.

English version

This article uses two case studies of jealousy in consensual non-monogamous relationship settings to argue the extent to which emotions are inherent in neoliberal-patriarchal (self-)governmental technologies. Emotions are thereby considered from a postcolonial, queerfeminist affect perspective, as they are both inherent to the social relations in which they arise and also (re)producing these relations. Emotions, following this perspective in this article, serve as a moment of cognition and as a tool of analysis that have ambivalent effects, as they can both affirm the status quo and undermine it. With the help of this emotion perspective, two case studies are analysed in which jealousy occurs in consensual non-monogamous relationship constellations. The focus lies on the one hand on the individual handling of jealousy by the persons involved, and on the other hand on the normative, especially discursive, framework conditions that contribute to the emergence of the jealousy within these life contexts. The data of the case studies come from narrative interviews that were analysed within my dissertation project “Beyond the Nuclear Family” (i. E., University of Vienna, 2022) using Grounded Theory Methodology according to Kathy Charmaz (2006:10). The aim of the article is to show to what extent jealousy can be considered not only as a ‘negative’, unpleasant emotion, but also as a mode of perception that can tell us something about the social power relations in which the emotion is embedded. Consensual non-monogamous relationship and family constellations should thus find it easier to confront normative attributions and discourses around their emotional world and way of life.

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Zitationsvorschlag

Kettner, V. (2023). Der Gebrauch von Emotionen als Regierungshandeln? Eifersucht in konsensuell nicht-monogamen Beziehungskonstellationen als widerständige Selbsttechnologien. Zeitschrift für Praktische Philosophie, 10(2). https://doi.org/10.22613/zfpp/10.2.11

Ausgabe

Rubrik

Schwerpunkt: Polyamorie